Emissionsarme Lieferung in der öffentlichen Beschaffung
Die Zunahme des Liefer- und Güterverkehrs in Österreich und die damit einhergehende Steigerung des CO2-Ausstoßes stellen die öffentliche Hand vor erhebliche Herausforderungen. Laut EU-Vorgaben (Weißbuch Verkehr) gilt es den CO2 Ausstoß bis 2030 durch den Einsatz nachhaltiger Fahrzeuge signifikant zu vermindern. Dafür müssen eine Reihe von Maßnahmen umgesetzt werden.
Einen substantiellen Beitrag zur Verringerung von schädlichen Umweltwirkungen kann auch die zielgerichtete öffentliche Beschaffung leisten. Denn das jährliche öffentliche Auftragsvolumen beträgt etwa 66 Mrd. Euro und entspricht somit rund 15% der österreichischen Wirtschaftsleistung (BIP). Dadurch stellt die Beschaffung der öffentliche Hand einen bedeutsamen Hebel dar, um Liefervorgänge nachhaltiger zu gestalten.
Nach geltendem Recht sind öffentliche Auftraggeber dazu angehalten umweltfreundlich zu beschaffen. Umweltgerechtheit stellt einen elementaren Grundsatz des öffentlichen Vergabeverfahrens dar und muss daher verpflichtend berücksichtigt werden. Eine besondere Herausforderung liegt jedoch darin dies in der Praxis auch im Bereich der Belieferung umzusetzen.
In Österreich bestehen zwar bereits mehrere Regelwerke zur umweltfreundlichen Beschaffung wie etwa der Österreichische Aktionsplan für nachhaltige öffentliche Beschaffung (naBe-Aktionsplan). Derzeit liegt der Fokus dieser Regelwerke jedoch auf den ökologischen Mindestanforderungen an die zu beschaffenden Produkte und Leistungen selbst und weniger auf den Anforderungen an den dabei erforderlichen Transport. Hier setzt das Projekt „Wir BEschaffen das!" an.
Emissionsarme Lieferung in der öffentlichen Beschaffung
Ziel des Projekts „Wir BEschaffen das!" ist die Erarbeitung eines Maßnahmenkatalogs, der Möglichkeiten aufzeigt, wie öffentliche Auftraggeber die emissionsarme Lieferung bei ihrer Beschaffung berücksichtigen können.
Dazu wurden auch bestehende internationale Initiativen zur Umsetzung emissionsarmer und emissionsfreier Lieferung auf die österreichischen Rahmenbedingungen umgelegt und in die nachhaltige öffentliche Beschaffung integriert. In Workshops und Roundtable-Diskussionen wurden gemeinsam mit Lieferanten und Beschaffungsverantwortlichen der öffentlichen Hand vorgeschlagenen Maßnahmen hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit in der Praxis bewertet und präzisiert.
Die dabei entwickelten Maßnahmen gliedern sich in Maßnahmen, die sich direkt an die Beschaffung richten und solche, die sich an das Umfeld der Beschaffung wenden. Die entwickelten Maßnahmen sollen zur Reduzierung der Lieferstrecke, zur Steigerung der Effizienz der Belieferung sowie zur Nutzung emissionsarmer Fahrzeuge und Liefersysteme beitragen. Außerdem werden die Maßnahmen anhand ihrer Umweltwirkung eingeschätzt.
Der Maßnahmenkatalog bietet öffentlichen Einkäufern konkrete Handlungsvorschläge, um die Umweltbelastungen aus dem Transport der Waren zu reduzieren. Er stellt somit eine gute Ergänzung des naBe-Aktionsplans dar, der den Schwerpunkt auf die Umweltfreundlichkeit der beschafften Waren legt.
Vorgeschlagene Maßnahmen für die Beschaffung
- Vorlage eines Konzepts zur Verringerung der Emissionen der Belieferung
- Anforderungen an den Fuhrpark, der für den Auftrag eingesetzt wird
- Nutzung der Liefermöglichkeiten des Öffentlichen Verkehrs
- Vereinbarung eines Aufpreises, wenn die Lieferung mit E-Fahrzeugen erfolgt
- Bewertung der für die Erbringung des Auftrags zurückgelegten Lieferstrecke, der verursachten Emissionen (kg/km) und externer Kosten (€/kg Emissionen)
- Beschaffung von Waren mit kurzen Lieferstrecken in der Wertschöpfungskette
- Vorhandensein eines Monitoringsystems beim Auftragnehmer
- Regelmäßige Trainings der Fahrer: innen zum energiesparenden Fahren
- Keine Aufteilung des Auftrags in Teillieferungen
- Gewährung längerer Lieferzeiten
- Abschluss längerfristiger Verträge
Maßnahmen im Umfeld der Beschaffung
- Einrichtung von Zentrallagern
- Betreiben von Hubs
- Digitale Konsolidierung von Lieferungen
In weiterer Folge werden im Rahmen einer Roadmap nächste Schritte für die Projektverantwortlichen des Projekts entwickelt sowie Handlungsempfehlungen für Key Player abgeleitet, um die damit erarbeiteten Maßnahmen zur Reduzierung der Emissionen der Belieferung möglichst umfassend umzusetzen.
Wie sich zeigt, versprechen einige Produktgruppen, bei Berücksichtigung der genannten Maßnahmen, den größten Umweltnutzen. Dazu zählen Lieferaufträge mit hoher Anfahrtshäufigkeit wie zum Beispiel Hygienepapier, Kopierpapier, Büromaterialien, Lebensmittel und Reinigungsmaterial. Zum anderen gilt dies auch für die Beschaffung von Dienstleistungen mit hoher Anfahrtshäufigkeit wie Entsorgungsleistungen, Facility Management bzw. Wartungsarbeiten, Bewachung, Mietwäsche sowie Dienstleistungen im Baubereich.
Zu den adressierten Key Playern bei der Umsetzung von Maßnahmen gehören öffentliche Auftraggeber, insbesondere die Bundesbeschaffung GmbH(BBG), die Verwaltung des Landes Oberösterreich und eine Reihe von Universitäten. Zusätzliche Umsetzungsinteressierte wie weitere Hochschulen oder Landesverwaltungen sollen in naher Zukunft gewonnen werden.
Durchgeführt wurde das Projekt vom IFZ (Interdisziplinäres Forschungszentrum für Technik, Arbeit und Kultur) in Kooperation mit der Bundesbeschaffung GmbH (BBG) mit rechtlicher Unterstützung der Kanzlei Heid und Partner. Es wurde im September abgeschlossen.
Das Projekt wurde im Rahmen des FTI-Programms „Mobilität der Zukunft" durch das Bundesministerium für Klimaschutz gefördert.
Datum der Veröffentlichung: 19.10.2021