Innovationspfad Lärm & Vibration
Einleitung
Verkehr ist eine der Hauptlärmquellen, daher stellt eine Minderung der Lärmbelästigung für die Bevölkerung eine wichtige Zielsetzung auf nationaler und europäischer Ebene dar.
Reichen die bestehenden Maßnahmen nicht mehr aus, sind je nach Situation und unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen umzusetzen (z. B. Lärmschutzfenster, Lärmschutzwände oder lärmmindernde Straßenbeläge).
Die Lärmschutzpolitik verfolgt den Grundsatz der Gewährleistung eines hohen Gesundheits- und Umweltschutzniveaus. Maßnahmen zur Lärmminderung sind dabei allgegenwärtig.
Zum Schutz der Menschen, die in der Umgebung von Verkehrswegen leben, ist vom Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union (EU) die Richtlinie 2002/49/EG über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm (kurz EU-Umgebungs-Lärmrichtlinie) beschlossen worden. In Österreich wurde diese Richtlinie mit dem Bundes-Umgebungs-Lärmschutzgesetz (Bundes-LärmG) und der Bundes-Umgebungs-Lärmschutzverordnung (Bundes-LärmV) in nationales Recht umgesetzt.
Um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden und um die Lärmsituation für AnrainerInnen zu verbessern, wird in Österreich intensiv nach neuen Methoden zur Verminderung von Lärmemissionen geforscht.
Im Themenfeld Verkehrsinfrastrukurforschung des BMVIT werden im Themenbereich „Umwelt & Energie" Forschungsprojekte zu den Schwerpunkten bauliche Maßnahmen im Bereich Lärm und Vibration gefördert.
Der nachfolgend dargestellte Innovationspfad stellt den Ablauf der Projekte, die bestimmten Forschungsbereichen zugeteilt und entlang einer Zeitachse dargestellt sind, dar. Aufgrund der jeweiligen Themenschwerpunkte der einzelnen Projekte erfolgte eine Projektzuweisung nach den Kategorien Lärmschutzwand und Brücken.
Visualisierung des Innovationspfades
Brücken
Brücken gelten als zentrales Element für Verbindungen bzw. für die Verkürzung von Wegen im Verkehrsnetz. Aufgrund der hohen Investitionen für Errichtung und Wartung dieser Bauwerke ist ein bautechnischer Zustand anzustreben, der über den geregelten normgemäßen Mindeststandard hinausgeht und durch eine ganzheitliche Qualitätssteigerung zu unempfindlichen und langlebigen Konstruktionen führt.
Sowohl bei der ASFINAG, mit einer Ertüchtigungs- und Erneuerungswelle von mittlerweile in die Jahre gekommenen Bestandsbrücken, als auch bei der ÖBB, mit dem Erreichen der rechnerischen Lebensdauer von stählernen Eisenbahnbrücken, sind weitere Forschungsaktivitäten notwendig, damit neben der Sicherstellung eines sicheren und verfügbaren Netzes eine Minimierung der Errichtungs- und Unterhaltungskosten ermöglicht werden kann.
Die in diesem Bereich durchgeführten Projekte befassen sich ausschließlich mit dem Lärmschutz von Eisenbahnbrücken. Das Forschungsspektrum reicht hierbei von der Sondierung des Wirkungsgrads von vibro-akustischen Verbesserungsmaßnahmen an Eisenbahnbrücken mit Fokus auf Bestandssanierung mit dem Projekt OLME (Optimierte Lärmreduktions-Maßnahmen an Eisenbahnbrücken) bis hin zur Erarbeitung einer Grundlage für schalltechnische Prognoseverfahren nach ONR 305011 zur Typisierung bzw. Beurteilung von Brückenobjekten mit dem Projekt SAVE (Schalltechnische Verbesserung von Eisenbahnbrücken).
Lärmschutzwand
Das Optimieren von Lärmschutzwänden nimmt eine wesentliche Rolle bei der Zielsetzung der Lärmschutzpolitik ein. Derzeit sind circa 1.350 Kilometer Lärmschutzwände entlang des österreichischen Autobahnen- und Schnellstraßennetzes installiert. Regelmäßige Kontrollen nach EN 1793 überprüfen deren Konformität hinsichtlich Schalldämmmaß und Absorption, sodass nach Bedarf Teile ausgetauscht werden müssen.
Die dadurch verursachten Kosten belaufen sich auf circa 12 bis 15 Millionen Euro pro Jahr. Beim Eisenbahnnetz hingegen liegt der Schwerpunkt bei der weiteren Ausstattung von zusätzlichen 1.050 Kilometern mit Lärmschutzmaßnahmen, deren Kosten sich auf über 400 Millionen Euro belaufen werden. Projekte im Bereich „Lärmschutzwand" behandeln die Forschungsfrage, wie sich die Bewertung von Wirksamkeit, Wartung und Errichtung von Lärmschutzwänden hinsichtlich Kosten, Materialeinsatz und Aufwand optimieren lässt.
Als Hilfestellung für Lärmschutz-PlanerInnen entwickelte das Projekt OPTIWAND (Inverse Optimierung von Lärmschutzwanddimensionen) ein Kosten Nutzen-Diagramm für Lärmschutzwände mittels inverser Optimierung, das bei der Ermittlung des optimalen Kompromisses zwischen Kosten und größtmöglicher Effizienz unterstützt und somit eine Alternative zum üblichen iterativen Planungsprozess bietet.
Mit der Berechnung, der Bewertung und der Bemessung von Lärmschutzwänden weisen die Projekte RELSKG (Entwicklung eines vereinfachten Rechenverfahrens für Lärmschutzwände mit komplexer Geometrie), WIABAHN (Akustische Wirkung von gleisnahen Abschirmkanten und Bahnsteigdächern) und Insitu-LSW (In-situ Verfahren zur akustischen Abnahmeprüfung und Qualitätssicherung von Lärmschutzwänden) einen ähnlichen Schwerpunkt auf, mit dem Unterschied, dass die Ergebnisse vermehrt für bestehende Lärmschutzwände Anwendung finden.
Der Analyse der Lebenserwartung von Lärmschutzwänden unter verschiedenen Einwirkungen widmeten sich die Projekte IBIS (Innovative Bauformen und akustisches Langzeitverhalten von Lärmschutzwänden unter Berücksichtigung von Umwelteinflüssen) und GRELL (Grundlagen zur erweiterten Lebensdauerbewertung von Lärmschutzwandsystemen).
Umfassende Informationen sind im E-book „Verkehrsinfrastruktur Forschung und Entwicklung in Österreich" zu finden.
Ausblick
Seitens Forschung und Entwicklung sind in den letzten Jahren Fortschritte bei Lärmschutzmaßnahmen erreicht worden. Letztendlich wurden alle Bereiche in denen eine Reduktion von Umgebungslärm erzielt werden kann betrachtet: Bauliche Maßnahmen seitlich der Verkehrswege, die Fahrwege Straße und Schiene und hinsichtlich der Wahrnehmung und Messung von Lärm. Dennoch ist davon auszugehen, dass sich die bekannten Lärmschutzmaßnahmen weiterhin, wenn auch in kleinen Schritten, verbessern lassen.
Aus laufenden Projekten werden in den nächsten Jahren neue Erkenntnisse erwartet. Ein Schwerpunkt wurde hier auf Lebensdauerbewertungen gelegt sowie auch Lösungen in Details, wie zum Beispiel der Ausgestaltung des Trenninselspitzes (der Abfahrtsbereich von Autobahnen und Schnellstraße). Bei Schallausbreitung und Messung werden Ergebnisse hinsichtlich der Ermittlung von Pegeln und Parametern für CNOSSOS-EU und den Auswirkungen von Bewuchsstreifen erwartet.
Im System Schiene sind noch Projekte am Laufen, die sich umfassend mit den Schallemissionen in Bögen und generell im Schienennetz beschäftigen. Im Bereich Straße sind Projekte in der Bearbeitung, in denen die Oberflächenbeschaffenheit der Fahrbahnen zu einer Minderung der Schallemissionen beitragen sollen. Untersuchungen laufen dabei zu Fahrbahnübergängen, Rumpelstreifen, Betonfahrbahndecken und semi-dichten Asphaltschichten.
Für kommende Schwerpunkte wären Themen wie die Verbesserung der Interaktion Rad/Straße, sowie Verbesserungen in den bekannten Maßnahmen denkbar. Entscheidend ist, dass die Maßnahmen aus lärmtechnischer Sicht effizient, nachhaltig und mit vertretbaren Mitteleinsatz umsetzbar sind.