Innovationspfad Wasserstoff & Brennstoffzelle
Einleitung
Umweltpolitische Vorgaben der EU zur Senkung von Schadstoff-, Lärm- und Treibhausgasemissionen sehen eine Erhöhung der Energieeffizienz und des Anteils nachhaltiger Energieträger im Verkehr vor. Gleichzeitig stellen fluktuierende Rohstoff- und Treibstoffkosten ein Problem hinsichtlich einer leistbaren Mobilität dar.
Die Kombination dieser Umstände bewirkt einen erhöhten Forschungsbedarf, neue Fahrzeugtechnologien zu entwickeln. Anhand der durchgeführten Forschung sollen nicht nur die gesetzten Zielsetzungen erreicht werden, sondern zugleich soziale und ökonomische Vorteile für den Standort Österreich gesichert werden.
Eines der Hauptziele des Themenfelds "Fahrzeugtechnologien innovativ entwickeln" im F&E-Förderprogramm "Mobilität der Zukunft" ist, die Diversifizierung der Antriebssysteme und deren Integration in ein optimiertes Gesamtfahrzeug zu fördern.
Hierfür ist der Einsatz von Brennstoffzellen und Elektromotoren sinnvoll, da die Umwandlung von chemischer in elektrische Energie in der Brennstoffzelle effizienter ist als die Verbrennung des Treibstoffs in der Verbrennungskraftmaschine. Obwohl der Wirkungsgrad von batterieelektrischen Fahrzeugen höher ist als jener von Brennstoffzellen-Elektrofahrzeugen, entschärfen letztere die Problematik der Reichweitenerhöhung und des Zeitaufwands für die Ladung der Batterie, die bei Elektroautos als hauptsächliche Barrieren gelten.
Seit 2002 leisten Forschungsprojekte im Rahmen der Programme A3, A3plus und Mobilität der Zukunft einen wichtigen Beitrag zu den Themen Brennstoffzellen- und Wasserstoffsysteme. Die Vorteile dieser Technologien haben das Interesse (inter-)nationaler Geschäftspartner der österreichischen Zulieferindustrie geweckt und somit eine sprunghaft angestiegene Nachfrage nach Engineering-Dienstleistungen und Produkten im Bereich von Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Technologien bewirkt.
Der zeitgleich gewachsene Forschungsbedarf hat Anfang 2012 zur Gründung des Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Clusters Austria (FCH-Cluster Austria) geführt, der umfassende Forschung und Entwicklung zu Produktion, Distribution, Speicherung und Anwendung von Wasserstoff in mobilen Brennstoffzellensystemen betreibt und auf den drei Säulen F&E, Demonstration und Energie aufbaut.
Die Projekte, die an der Zielerreichung des Programms "Mobilität der Zukunft" hinsichtlich der Senkung von Schadstoff-, Lärm- und Treibhausgasemissionen sowie im Hinblick auf Sicherung und Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Fahrzeugindustrie durch die Anwendung von Wasserstoff und Brennstoffzellen maßgeblich beteiligt sind, werden anhand des nachfolgenden Innovationspfads dargestellt.
Visualisierung des Innovationpfades
Sauerstoff und Wasserstoffversorgung, -speicherung, -distribution und -verbrennung
Überzeugende Anreize für die Brennstoffzellentechnologie können erst durch ihren Einsatz für ein breites Spektrum an Fahrzeugen und durch eine flächendeckende Wasserstoffversorgung geschaffen werden.
Die Projekte in diesem Bereich lassen sich wie folgt zuweisen:
Wasserstoffversorgung, -speicherung und -distribution
- Wasserstoffspeicher
Im Projekt Wasserstoffspeicher wurde das Potenzial von ionischen Flüssigkeiten erforscht, die im Gegensatz zu den geläufigen Wasserstoffspeichern ohne Überdruck und bei Raumtemperatur arbeiten, was eine sichere Speicherung des Wasserstoffs im unbrennbaren Zustand ermöglicht. Im Projekt ist es gelungen, flüssige und stabile Speichermedien mit hohen Speicherdichten chemisch zu synthetisieren. Die Wasserstoffspeicherdichten dieser ionischen Flüssigkeiten sind vergleichbar mit der Speicherkapazität von Wasserstoffdruckspeichern. - KC4HiPS (Key Components for High Pressure Systems)
Um die Optimierung von gasförmigen Wasserstoffspeichern bemüht sich das Projekt KC4HiPS. Ein innovatives Systemventil für 70 MPa wird entwickelt, das den Massenfluss während der Betankung, der Entnahme, im Sicherheitsfall und im Schadensfall steuert und somit alle separaten Schaltkomponenten einer konventionellen Kraftstoffversorgungsanlage für gasförmigen Wasserstoff (GH2-KVA) ersetzt. - FCH Media (Dynamische Gas-Konditionierung und Durchflussmessung für Brennstoffzellenprüfstände)
Das Projekt FCH Media widmet sich dem Verbesserungspotenzial der Wasserstoff-Durchflussmessung, indem es ein Regelsystem für die Massenströme von Wasserstoff und Luft und für die in Wechselwirkung stehenden Parameter (relative Feuchte, Temperatur und Systemdruck) entwirft, das bei Brennstoffzellenprüfständen Anwendung findet. - Bulk H2 onRail (Wasserstofflogistik – Untersuchung der techno-ökonomischen Feasibility und der Rahmenbedingungen für den Rail Transport)
Im Sondierungsprojekt Bulk H2 onRailwurden verschiedene Technologien für den Wasserstofftransport analysiert und bewertet, darunter Liquid Organic Hydrogen Carriers (LOHC), Compressed Gas Hydrogen bei verschiedenen Druckniveaus und Liquid Hydrogen (LH2).
Sauerstoffversorgung und Wasserstoffverbrennung
- HyDie, Dual-Fuel-Bus (Wasserstoff-Diesel Dual-Fuel-Antrieb zur schnellen Reduzierung der CO2-Emissionen im ÖPNV)
Im Rahmen des Forschungsprojekts HyDie, Dual-Fuel-Bus wurde der schadstoffreduzierte Betrieb von Stadtbussen durch den Einsatz von Wasserstoff / Diesel, in einem adaptierten Dieselmotor (reiner Wasserstoffbetrieb bei Lastanteil von 50 % bis 80 %) demonstriert. - FC-Boost (Fuel Cell-Boost)
Das Projekt FC-Boost nimmt sich des großen Entwicklungs- und Optimierungspotenzials von Luftversorgungssystemen für Brennstoffzellensysteme an, indem es eine effiziente Luftversorgung für Range-Extender-Brennstoffzellensysteme inklusive Betriebsstrategien erarbeitet und evaluiert, mit dem Ziel die Lebensdauer, die Gesamteffizienz der Brennstoffzelle und somit die Reichweite des Fahrzeugs zu erhöhen.
Brennstoffzellen-Entwicklung und -Lebensdauererhöhung
Die Erhöhung der Lebensdauer von Brennstoffzellen liegt im ökologischen wie auch im ökonomischen Interesse von Herstellern und Verwendern. Die dadurch erzielte Steigerung betreffend Effizienz und Zuverlässigkeit ist wesentlich für die Etablierung dieser Technologie und wird durch folgende Projekte erforscht:
Lebensdauererhöhung von Brennstoffzellen
- ASYS II (SOFC APU System Entwicklung II)
Mittels umfangreicher Systemtests wurden im Projekt ASYS II Brennstoffzellenkomponenten und Technologien entwickelt, die Schädigungsprozessen von kohlewasserstoffbetriebenen SOFC-Systemen (Solid Oxide Fuel Cell) entgegenwirken, sodass eine Lebensdauererwartung von über 5.000 Stunden ermöglicht werden soll. - FC-DIAMOND (PEM Fuel Cell Degradation Analysis and MinimizatiON MethoDology Based on Joint Experimental and Simulation Techniques)
Zum besseren Verständnis von Alterungs- und Degradationsprozessen wurden im Projekt FC-DIAMOND Testprozeduren entwickelt, die die Alterung von Niedertemperatur-PEM-Brennstoffzellen (Proton Exchange Membrane) in beschleunigter Form ermöglichen.
Diagnosesysteme und thermisches Management von Brennstoffzellen
- SoH4PEM (State of Health Überwachung für PEM-Brennstoffzellenstacks)
Als Basis für die bessere Entwicklung von hochinnovativen Brennstoffzellensystemen entwickelt das Projekt SoH4PEM eine Monitoring- und Diagnosetechnik, die durch Sensormessungen die Lebensdauerverlängerung von PEM-Stacks ermöglicht und die Zuverlässigkeit von PEM-Systemen erhöht. - CO2-BTM (Kombinierter Kühl-/Kältekreislauf mit umweltfreundlichem Kältemittel CO2 für Fahrzeuge mit Brennstoffzelle)
Zur weiteren Systemoptimierung erforscht das Projekt CO2-BTM ein neues CO2-basiertes Thermomanagementsystem für Brennstoffzellenfahrzeuge, mit dem die Effizienz und damit die Reichweite erhöht werden können.
Reichweitenerhöhung und Fahrzeugintegration (Fahrzeugintegration und REX)
Ein bedeutender Beitrag zum Durchbruch von alternativen Fahrzeugtechnologien wird ohne jeden Zweifel durch das Entschärfen der Reichweitenbegrenzung bzw. durch Erhöhung der Reichweite auf das Niveau von herkömmlichen PKW mit Verbrennungsmotor geleistet.
Trotz einer kontinuierlichen Steigerung der Durchschnittsreichweite von Elektrofahrzeugen bleibt der Unterschied zu einem konventionellen PKW bestehen. Daher besteht ein großer Forschungsbedarf hinsichtlich effizienterer Brennstoffzellen, die als Range-Extender (REX) die Reichweite von elektrisch betriebenen Fahrzeugen unterstützen.
In diesem Bereich wurden bisher mehrere Projekte umgesetzt, die sich in folgende Kategorien aufteilen lassen:
Strategische Projektportfolios sowie integrale Fahrzeugprojekte und deren Energieversorgung
- FCH REFuel (Fuel Cells and Hydrogen REFuel)
Ein übergreifendes Konzept wird im Projekt FCH REFuel umgesetzt: Erforschen einer Wasserstoffversorgungsinfrastruktur für mehrere Druckniveaus, Entwickeln eines Brennstoffzellen-Range-Extenders sowie dessen Testung und Integration in ein kommunales Fahrzeug. - FCH Projekte (Fuel Cell and Hydrogen Cluster Austria – Partnerspezifische Projektroadmap)
Im Sondierungsprojekt FCH Projekte wurden anhand von zusammengefassten Visionen und strategischen Zielen, firmenspezifische Roadmaps für die Forschungsgebiete erstellt, aufgegliedert in die drei Säulen F&E, Demo und Energie. Auf den firmenspezifischen Roadmaps basierend arbeiten die ProjektpartnerInnen konkrete Projektvorschläge aus.
Reichweitenerhöhung durch REX
- FC REEV (Fuel Cell Range Extended Electric Vehicle)
Eine praktische Anwendung erfolgte im Projekt FC REEV, indem ein batteriebetriebenes Personen- und Logistikfahrzeug mit einer Brennstoffzelle zur emissionsfreien Reichweitensteigerung ausgerüstet wurde. Dieses Antriebskonzept mit Brennstoffzellen-Range-Extender kann in jedes bestehende Elektrofahrzeug eingebaut werden. - PEM REX S (PEM Range-Extender-System)
Eine ökonomische und systemtechnische Optimierung von Brennstoffzellen-Range-Extendern wird im Projekt PEM REX S durchgeführt, mit dem Ziel anhand der wettbewerbsfähigen Gestaltung dieses Systems die Attraktivität von Fahrzeugen mit Elektrobatterien zu steigern. Ein wesentliches Merkmal dieses Projekts ist die Implementierung eines „Diagnosis based Control" Ansatzes, mit dem auf Schädigungsmechanismen frühzeitig reagiert werden kann. - MeStREx (Metallischer Stack für Range-Extender)
Im Rahmen des Projekts MeStREx wird ein Range-Extender mit hohem Wirkungsgrad mit metallgestützten Hochtemperaturbrennstoffzellen, den sogenannten MSC-SOFC (Metal Supported Solid Oxide Fuel Cells), entwickelt. Die Möglichkeit, dieses System auch mit CO2-neutralen, ethanolbasierten Kraftstoffen betreiben zu können, sowie seine Auslegung für weitere mobile Anwendungen sind Besonderheiten dieses Systems.
Ausblick
Die Verwendung von Wasserstoff hat auf jeden Fall einen Platz in einer Zukunft mit einem hohen regenerativen Energieeinsatz. Zum Gelingen der Energiewende wird der Power-to-Gas-Technologie große Bedeutung zugesprochen, da sie eine Umwandlung bzw. Speicherung von ansonsten nicht verwertbaren Strompeaks bei den erneuerbaren Energieträgern in Wasserstoff ermöglicht. Demzufolge hat die Brennstoffzelle, die die Rückumwandlung des gespeicherten Wasserstoffs in Strom bewerkstelligt, eine substanzielle Rolle zur Erreichung der nationalen Klimaziele, auch in der Fahrzeugtechnologie.
Nachdem viele technische Hürden wie das Kaltstartverhalten der Brennstoffzelle sowie die Wasserstoffspeicherung im Fahrzeug und die korrekte Durchflussmessung und Vermeidung der Vereisung bei der Betankung schon weitgehend gelöst wurden, konzentrieren sich die Forschungsanstrengungen auf die Erhöhung der Lebensdauer der Brennstoffzelle auch bei schrittweiser Reduzierung der teuren katalytischen Edelmetallanteile an den Elektroden, sowie auf die kostengünstigere Herstellung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energiequellen. Zur Entwicklung und Markteinführung dieser Technologien sind daher weitere F&E-Anstrengungen sowie Investitionen, insbesondere in den Aufbau der Tankstelleninfrastruktur, nötig.
Generell steht die Anwendung der Brennstoffzellentechnologie im Fahrzeug in Konkurrenz zu Elektrofahrzeugen mit Batterien. Im Vergleich dieser beiden Elektromobilitätstechnologien haben Brennstoffzellenfahrzeuge Vorteile durch eine größere Reichweite, kürzere Betankungsvorgänge und eine gute Speicherbarkeit des Energieträgers.
Die Vorteile der Batteriefahrzeuge liegen in der höheren Energieeffizienz und der Verfügbarkeit der Betankungsinfrastruktur in Form des bereits ausgebauten Stromnetzes. Beide Technologien haben daher spezifische Vor- und Nachteile und es erscheint als wahrscheinlich, dass sich für verschiedene Fahrzeugklassen und Einsatzbereiche beide Technologien durchsetzen werden:
- die Batterie für leichtere Fahrzeuge im urbanen Umfeld,
- die Brennstoffzelle in schwereren Fahrzeugen, Bussen und LKW, sowie im Überlandverkehr.