Policy Lab - Innovative Lösungs- und Governance- Ansätze für mobilitätspolitische Vorhaben

Seit September 2022 setzt sich das Policy Lab in Wien mit dem Träger UIV Urban Innovation Vienna mit standortungebundenen Fragestellungen und Lösungen im Mobilitätsbereich auseinander. Im Fokus stehen diverse Dienstleistungen und thematische Schwerpunkte wie betriebliches Mobilitätsmangement, Sharing- und Stellplatzfragen, Mirko-ÖV Analysen sowie die Fähigkeit Akteur:innen aus verschiedenen, gesellschaftlichen Bereichen an einen Tisch zu bringen. Wir treffen heute den Projektleiter des Mobilitätslabors Gerald Franz zum Interview.

von Stefanie Blank & Kara Mensing

Danke Gerald, dass du dir die Zeit für uns nimmst. Dürfen wir dich bitten dich kurz vorzustellen.

Gerald: Danke für die Einladung! Mein Name ist Gerald Franz, ich arbeite bei Urban Innovation Vienna – der Klima- und Innovationagentur der Stadt Wien. Ich bin seit vielen Jahren im Mobilitätsbereich tätig und habe ursprünglich Wirtschaftswissenschaften studiert und mich dabei auf Umweltökonomie spezialisiert. Eine Zeit lang war ich am Institut für Regional- und Umweltwirtschaft der WU Wien tätig dann bei der Umweltberatung in Niederösterreich. In der Energie- und Umweltagentur Niederösterreich war ich für Radverkehr, E-Mobilität und andere Mobilitätsthemen zuständig. Seit 2017 bin ich Senior Expert Mobilität bei Urban Innovation Vienna, seit 2024 leite ich das Mobilitätsteam und bin ebenfalls für das Policy Lab verantwortlich.

Das Policy Lab gibt es seit September 2022. Mit welchen Themenschwerpunkten beschäftigt ihr euch aktuell und wie sieht euer typischer Alltag im Labor aus?

Gerald: Wir bearbeiten aktuell mehrere Themen, weil wir mit Initialpartnern zusammenarbeiten, also Ländern und Städten, die das Policy Lab finanziell unterstützen. Wir besprechen mit den Vertreter:innen der Städte und Länder , welche inhaltliche Bearbeitungen für sie relevant sind und wobei wir sie mit unserem Kernteam unterstützen können. Gemeinsam mit der Stadt Wien, der Wirtschaftskammer Wien und tbw Research arbeiten wir momentan daran, Betriebliches Mobilitätsmanagements in mehreren Betriebsbaugebieten in Wien strategisch in Form von Pilotgebieten zu verankern. Das passiert zum einen im Betriebsbaugebiet in Inzersdorf und zum anderen am Rautenweg im 22. Bezirk in Wien. Hier sind unter anderem große Betriebe vertreten wie z.B. die Post AG, Elin oder auch die Rewe Group mit denen wir versuchen, in mehreren Workshop Runden auszuloten, welche Unterstützungen sie von der Stadt Wien bräuchten, und wie ein Ökossystem für betriebliches Mobilitätsmanagement in der Stadt aussehen könnte.

Die Ausganglage in de Betriebe sind unterschiedlich. Manche stehen ganz am Anfang, andere sind schon sehr weit. Letztere wünschen sich vor allem mehr Koordination und Vernetzung der Betriebe untereinander. Die Unterstützung der Betriebsbaugebiete läuft jetzt noch länger, das heißt wir bearbeiten gerade diese beiden erwähnten Gebiete und dieses Jahr starten wir auch mit neuen Gebieten. Das Ziel dabei ist, dass man der Stadt/Gemeinde ein akkordiertes Vorgehen vorschlägt, wie man Betriebliches Mobilitätsmanagement angehen und unterstützen kann, wie das z.B. auch die Stadt München macht.

In der Stadt Klagenfurt haben wir eine Recherche zum Thema „Wie kann man Sharing-Mobilität stärker in die Wohnbaufördergesetzte einfließen lassen?" abgeschlossen . Das nächste Thema in Klagenfurt ist jetzt der Heiligengeist-Platz, ein zentraler Platz, der ggfs. umgestaltet werden soll. Die Frage ist wie man diesen Platz neu ordnen (Stichwort: Busbuchten) und dabei lebenswerter und klimafitter gestalten kann. Die Stadt Klagenfurt wünscht sich dabei eine kommunikative Begleitung dieses Prozesses, eine Art Narrativentwicklung, um eine Erzählung zu entwickeln, die es schafft, die Bevölkerung und auch die Geschäftstreibenden zu diesem Umbau zu überzeugen und die vorhandene Skepsis zu reduzieren. Wir arbeiten dabei gemeinsam mit dem Foresight Institut (ehemals SORA), die schon viel Vorerfahrung durch ihre Beteiligung an der Umegstaltung der Mariahilfer Straße mitbringen.

Vom Land Salzburg gibt es aktuell auch Aktivitäten, bei denen wir dabei sind. Da ist zum einen RSA Studios ispace, die sich anschauen, wie bedarfsorientierter Verkehr und Mikro ÖV Angebote im Land Salzburg besser integriert werden können, welche Weichenstellungen es da seitens der Politik braucht und wie man diese räumlich gut belegen kann. Gleichzeitig haben wir mit dem Land Salzburg eine internationale Best-Practice Recherche zum Thema Stellplatzschlüssel/Stellplatzregulativ gestartet und wie man hier eine bessere Systematik entwickeln kann, um den Stellplatzschlüssel in den Gemeinden und Städten zu optimieren.
Beim Land Tirol gibt es eine ähnliche Recherche, zum Thema Parkplätze und welche Kosten diese im öffentlichen und privaten Raum je nach Nutzungsart verursachen. Dabei wurde eine datenbasierte Grundlage geschaffen.

Parallel zu allen Projekten versuchen wir natürlich auch das Lab über Öffentlichkeitsarbeit zu kommunizieren, über LinkedIn, über unsere Webseite und wie wir darüber auch neue Partner generieren können. Wir sind gerade z.B. mit der Stadt Linz für eine potenzielle Zusammenarbeit im Gespräch. Im Rahmen der sogenannten CoP Community of Practice, die von der TU Wien koordiniert wird, soll der Wissenstransfer auf diversen Ebenen hergestellt werden, nämlich zwischen den Initialpartnern (im Rahmen eines Policy Boards), auf nationaler Ebene und zwischen Innovationslaboren international.

Ihr arbeitet mit sehr vielen Akteur:innen aus öffentlichen Gebietskörperschaften, Aufgabenträger:innen, Verwaltung und Politik zusammen, wie gestaltet ihr hierbei die Zusammenarbeit bzw. Kommunikation und welche Formate wendet ihr dabei an?

Gerald: Wir haben ganz klassische Projektteam-Meetings die monatlich in unserem Kernteam stattfinden. Meistens treffen wir uns online manchmal auch physisch. Darüber hinaus haben wir dennoch festgestellt, dass wir mehr persönlichen Kontakt brauchen. Wir trafen uns z.B. zu einer gemeinsamen Klausur, wo wir nach Waidhofen an der Ybbs fuhren, um zu besprechen, wie wir das Labor weiter entwickeln können, was wir verbessern können und wie das Labor weiter über die Projektlaufzeit hinaus bestehen könnte. Dann gibt es natürlich viele bilaterale Austausche in den einzelnen Projekten, wo wir tätig sind und wer wo mitarbeitet. Dort nutzen wir Auftragsblätter in welchen festgehalten wird, welche Partner involviert sind und wie die jeweiligen Zielsetzungen und Meilensteine lauten. Das hinterlegen wir dann ebenfalls mit Ressourcen. Parallel dazu schauen wir uns auch das Wirkungsmonitoring an.

Seht ihr euch dahingehend mit potenziellen Herausforderungen konfrontiert und welche Chancen ergeben sich für euch daraus?

Gerald: Ja, wir sind auch auf Herausforderungen im Arbeitsprozess gestoßen. Wir hatten anfangs einen Kernteampartner dabei, welcher nach ca. einem Jahr ausgestiegen ist und wir dann mit dem Projekt Move, einen neuen Partner, die TU Wien mit reingeholt haben. Wir haben das ganz gut abfangen können, hinken jetzt aber mit der Community of practice also dem Wissenstransfer und den Veranstaltungen etwas hinten nach. Das ist eine Aufgabe, die sich jetzt in die zweite Projekthälfte verlagern wird.

Ihr seid jetzt seit einem Jahr als Mobilitätslabor tätig, was waren bisher eure Highlights?

Gerald: Die Highlights waren sicher, dass wir im Kernteam mit den Initialpartnern eine super Zusammenarbeits-Basis aufbauen konnten. Das ist jetzt trotzdem unterschiedlich intensiv, aber gerade auch weil wir im Vorhinein nicht wussten, ob das, was wir da als Policy Lab machen tatsächlich auch benötigt wird und da haben wir gesehen, dass es einen hohen Unterstützungsbedarf gibt. Das heißt wir werden als wertvoller Partner wahrgenommen. Das ist eine sehr schöne und motivierende Rückmeldung.
Auch unser Zusammenfinden als Team und die gemeinsame Arbeit macht einfach sehr viel Spaß. In einer funktionierenden Konstellation gemeinsam tätig zu sein und, dass das einfach gut funktioniert - seien es jetzt Unis, Professor:innen oder auch jüngere Kolleg:innen - ist ein sehr kollegiales und gutes Miteinander.

Was motiviert euch an eurer Arbeit und was sind eure zukünftigen Projekte und worauf freut ihr euch besonders?

Gerald: Auch zukünftig liegt unser Fokus in der Zusammenarbeit mit unseren Initialpartnern gute Lösungen für die Mobilitätswende zu finden. Wir beginnen jetzt auch schon die Schiene dafür zu legen, was nach den drei offiziellen Jahren Projektlaufzeit passiert und wie es weitergehen kann.

Unser Leitziel lautet ja: Mobilitätswende jetzt! Das ist unsere übergeordnete Motivation, weil wir einfach sehen, dass die Mobilitätswende nur sehr verhalten stattfindet und wir können mit dem Policy Lab hier einen großen Beitrag leisten. Gesellschaftlich ist das teilweise schon angekommen, aber in den politischen Entscheidungsfindungen und in der Verwaltungspraxis tut man sich noch schwer, die Veränderungen dann tatsächlich auch auf den Weg zu bringen. Da gibt es einfach noch viele Hürden und diese zu überwinden ist für uns das zentrale Ziel. Es hilft uns natürlich auch, dass wir in verschiedenen Bundesländern und Städten tätig sind, weil das zu einer gegenseitigen Beflügelung führt. Deshalb ist es uns auch so wichtig, dass wir mit der Community of practice mit dem Policy Board dieses Jahr starten können, damit gewisse Projektpartnern zusammenkommen, sich gegenseitig motivieren und voneinander lernen.

Lieber Gerald, vielen Dank für das Gespräch!