Die österreichischen Mobilitätslabore: Mobilitätswende? Gehen wir sie an!
Was ist ein Mobilitätslabor?
Die österreichischen Mobilitätslabore greifen Ideen und Methoden auf, die im wissenschaftlichen Diskurs unter den Begriffen „Living Lab" oder „Reallabor" behandelt werden. Beiden Begriffen liegt die Einsicht zugrunde, dass in den vergangenen Jahren zahlreiche vielversprechende Lösungsansätze – nicht nur im Bereich der Mobilität – entwickelt wurden, diese allerdings meist in Schubladen verschwanden und so nie mit den Menschen und ihren tatsächlichen Bedürfnissen in Berührung gekommen sind. Uwe Schneidewind, ein Nachhaltigkeitsforscher, der den Begriff des Reallabors mitgeprägt hat, formuliert das so:
Ein Reallabor bezeichnet einen gesellschaftlichen Kontext, in dem Forscher:innen Interventionen im Sinne von >>Realexperimenten<< durchführen, um über soziale Dynamiken und Prozesse zu lernen. Die Idee des Reallabors überträgt den naturwissenschaftlichen Labor-Begriff in die Analyse gesellschaftlicher und politischer Prozesse.
Dementsprechend unterstützen die österreichischen Mobilitätslabore die Forschung und Entwicklung dabei, ihre Potenziale in einer realen Umgebung möglichst gut zu entfalten. Wie schaffen sie das? Indem Wissenschaft und Praxis zum Beispiel manchmal schon bei der Ideenfindung auf Augenhöhe zusammenarbeiten, Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen dazu beitragen, dass Innovationen gemeinsam verbessert werden und schließlich auch prüfen, ob ein neues Angebot den Praxistest in diversen Alltagen bestehen kann. Im Kern geht es immer darum, attraktive Ideen und Angebote zu entwickeln, damit eine Transformation zu mehr Nachhaltigkeit in der Mobilität Realität werden kann.
Was können Mobilitätslabore?
Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen – von der:m Technologieentwickler:in über den:die Stadtplaner:in bis hin zum:r Bewohner:in einer Stadt – an einen Tisch zu bringen passiert nicht ohne weiteres Zutun. Es braucht Zeit und Ressourcen bis eine gemeinsame Gesprächsbasis gefunden wird und zielgerichtet, gemeinsam probiert und gearbeitet werden kann. Die zentralen Merkmale der österreichischen Mobilitätslabore sind:
- Sie spannen einen kooperativen Rahmen, der den Austausch von unterschiedlichen Akteur:innen erst ermöglicht.
- Sie bieten die notwendige Forschungsinfrastruktur, um die Mobilität der Zukunft zu entwickeln.
- Sie sind Testumgebungen, in denen unter realen Bedingungen geprüft und optimiert werden kann.
- Sie führen Innovationen in die Praxis, weil sie im engen Austausch mit zukünftigen Nutzer:innen, Bedarfs- und Entscheidungsträger:innen stehen.
Warum braucht es Mobilitätslabore in Österreich?
Das österreichische Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) unterstützt Mobilitätslabore, um die Wirksamkeit und Akzeptanz von Forschungs- und Innovationsvorhaben zu erhöhen. Die Herausforderungen in der Mobilität erfordern eine Veränderung unseres Mobilitätsverhaltens, um mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu ermöglichen. Es ist eine Bereicherung für die Forschung und eine Notwendigkeit für eine erfolgreiche Umsetzung, dass Lösungen nicht nur von Forscher:innen allein erdacht werden, sondern dass viele verschiedene Perspektiven in unterschiedlichen Phasen der Entwicklung miteinfließen. Mobilitätslabore sind Plattformen, wo dies auf Augenhöhe geschehen kann.
Die vielfältigen Angebote der österreichischen Mobilitätslabore
Aktuell gibt es vier "Urbane Mobilitätslabore", sechs „Regionale Mobilitätslabore" und ein standortungebundenes Mobilitätslabor. Sie verfügen über Fachwissen vor Ort und kennen die lokalen oder regionalen Herausforderungen.
Die Urbanen Mobilitätslabore sind in drei Regionen – Wien, Salzburg und im Zentralraum Oberösterreich – zuhause. Das aspern.mobil LAB ist in der Seestadt Wiens angesiedelt und erarbeitet dort zusammen mit den Bewohner:innen eines der größten Stadtentwicklungsgebiete Europas nachhaltige Mobilitätslösungen.
Der thinkport Vienna ist ein Teil des Hafen Wien und somit nahe an den brennenden Fragen, die sich im Bereich der Logistik stellen.
Das Mobi.Lab OÖ arbeitet im Zentralraum Oberösterreich (Linz-Steyr-Wels) und behandelt dort mehrheitlich wirtschaftsinduzierte Verkehrsprobleme.
Die besondere Topographie sowie Lage Salzburgs an der Grenze zu Deutschland führt zu Herausforderungen im Verkehr, denen sich das Mobilitätslabor zukunftswege.at stellt.
Die regionalen Mobilitätslabore befassen sich mit den spezifischen Mobilitätsherausforderungen im ländlichen Raum. Das Centre for Mobility Change setzt seinen Fokus auf die nachhaltige Veränderung des Mobilitätsverhaltens im digitalen Zeitalter mit Themenschwerpunkt Tourismusmobilität. Es richtet sich an Städte und Gemeinden insbesondere im ländlichen Raum und in alpinen Regionen Tirols.
Das land.mobil:LAB (LML, Webseite folgt) ist im Waldviertel verankert. Gemeinsam mit dem Land Niederösterreich, Waldviertler Gemeinden, Mobilitätsdienstleistern, Betrieben, Veranstalter:innen sowie Bürger:innen aus der Region werden innovative Mobilitätslösungen getestet, um die Mobilitätswende im ländlichen Raum voranzubringen und die Forschungslandschaft zur ländlichen Mobilität zu stärken.
Das AmWy.mobility Lab, das regionale Mobilitätslabor Amstetten – Waidhofen an der Ybbs bildet einen idealen Experimentierraum für das rasche Testen innovativer Mobilitätslösungen. In enger Zusammenarbeit mit den regionalen Stakeholdern der teilnehmenden Gemeinden und darüber hinaus bietet AmWy.mobility den Rahmen für die Entwicklung koordinierter regionsübergreifender Mobilitätsstrategien. Wesentliche Beiträge dafür sind die Aufbereitung und Bereitstellung von regionalen Personen- und Gütermobilitätsdaten sowie die Schaffung von Formaten zur Mobilitätsbildung und -bewusstseinsförderung.
Mobireg (Webseite folgt) fördert nachhaltige Mobilität im ländlichen Raum mit Fokus auf Mikro-ÖV und überregionale Konnektivität. Das Lab identifiziert Potenziale für Synergien und unterstützt Gemeinden, Unternehmen, NGOs und andere regionale Stakeholder bei der Entwicklung von Projektumsetzungen, Gruppenprozessen und Geschäftsmodellen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Inklusion vulnerabler Zielgruppen und der Förderung partizipativer Prozesse.
Das Plan-b Lab (Webseite folgt) arbeitet im unteren Vorarlberger Rheintal und konzentriert sich auf die Mobilitätsbedürfnisse der lokalen Bevölkerung. Es entwickelt praxisnahe Lösungen durch engen Austausch mit Bürger:innen und regionalen Akteur:innen.
KAR-IN - das Karnische Region-Innovationslabor - bietet seine Bahn-Infrastruktur im Gailtal, Kärnten für die Entwicklung und Testung schienenzentrierter Mobilitätsangebote an.
Das standortungebundene Policy Lab arbeitet seit seiner Gründung im Jahr 2022 österreichweit mit Politik und Verwaltung an Themenstellungen aus dem Mobilitäts- und Innovationsbereich, denen österreichische Städte und Bundesländer gegenüberstehen. Ziel ist es, verbesserte Rahmenbedingungen, innovative Lösungs- und Governance-Ansätze zu entwickeln, um mobilitätspolitischen Vorhaben zur Umsetzung zu verhelfen und so zur Erreichung der Klimaziele beizutragen.
Entstehung der Mobilitätslaborinitiative
Mit der Mobilitätslaborinitiative hat das österreichische Bundesministerium für Klima-schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) im Rahmen des Programms Mobilität der Zukunft (MdZ) den Aufbau und Betrieb der Mobilitätslabore initiiert. Mit der 2014 gestarteten Sondierungsphase für Urbane Mobilitätslabore wurde der Grundstein gelegt und ein umfassender Wissenspool angelegt. In einer zweiten Phase, von 2017 bis 2021, wurde der Aufbau und Betrieb von sechs Mobilitätslaboren gefördert.
Die Laufzeit der Mobilitätslabore in der zweiten Phase endete 2021. Aufbauend auf der 2020 durchgeführten externen Wirkungsprüfung der Mobilitätslabore wurde im Frühjahr 2021 die dritte Phase der Mobilitätslabore ausgeschrieben. Vier urbane Mobilitätslabore und das Center for Mobility Change werden seitdem weitergeführt und -entwickelt. Seit 2018 werden das Centre for Mobility Change und seit 2022 das Policy Lab vom BMK gefördert. 2023 startete das Regionale Mobilitätslabor KAR-IN sowie die Sondierungsphase für Regionale Mobilitätslabore. Seit 2024 werden weitere vier Regionale Mobilitätslabore gefördert.
Im Rahmen der Mobilitätslabor-übergreifenden „Kooperations- und Austauschplattform Mobilitätslabore Österreich" (KAMÖ) wird mit Unterstützung der AustriaTech ein Lern- und Austauschprozess realisiert. Durch diesen Prozess werden Synergien zwischen den einzelnen Mobilitätslaboren genutzt und Kompetenzen zu experimentellen Umgebungen im Mobilitätskontext fortlaufend erweitert.
Urban Mobility Labs (Stand Phase 2, 2017 bis 2021)
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Kontakt
National Contact Point
Während der Umsetzungsphase der Mobilitätslabore übernimmt die AustriaTech die Rolle der Begleitung diesbezüglicher nationaler und internationaler Aktivitäten und darüber hinaus eines National Contact Point (NCP).
Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK)
Abteilung III/4 - Mobilität und Verkehrstechnologien
Magdalena Weichselbraun-Palavecino, MSc
Radetzkystraße 2
1030 Wien
E-Mail: magdalena.weichselbraun@bmk.gv.at